Yoga und Ernährung

Muss ich Vegetarier oder gar Veganer sein, wenn ich Yoga mache?

Von Ajita Alexandra Gobrecht, veröffentlicht am , gekennzeichnet mit Yoga, Ernährung, Vegetarier, Veganer, Gunas und Gesundheit

Das Dreieck

Nein, natürlich darfst Du essen was Du magst und was Dir gut tut! Denn was wäre das Leben ohne Genuss? Du musst auch nicht so dürr sein wie die Models auf den Titelseiten der Yogamagazine. Sei einfach Du selbst, so wie Du Dich wohlfühlst. Aber es kann schon passieren, dass sich Dein Geschmack und Deine Bedürfnisse verändern, wenn Du viel Yoga praktizierst. Ich kenne einige Raucher, die damit aufgehört haben, als sie tiefer ins Yoga eingestiegen sind. Nicht nur der Geschmack verändert sich dann, auch die Energie, Dinge anzugehen, die einen schon lange stören und die Disziplin, etwas durchzuhalten. Wahrscheinlich wirst Du auch feinfühliger dafür, was Dir gut tut und was nicht. Aber wenn sich Dein Geschmack nicht verändert, ist es auch okay!

Gewaltlosigkeit

Warum sind viele Yogis dann Vegetarier oder sogar Veganer? Eine Grundregel der Yogaphilosophie ist die Gewaltlosigkeit, Ahimsa. Ich tue mir selbst keine Gewalt an (das heißt ich mache z.B. keine Crash Diäten) und tue auch anderen Lebewesen keine Gewalt an. Deswegen ist Fleisch und Fisch unter Yogis nicht so beliebt. Selbst wenn ich es nicht eigenhändig schlachte, so zwinge ich doch einen anderen Menschen dazu, ein Tier zu töten.

Ausgeglichenheit

Eine weitere Motivation vieler Yogis vor tausenden von Jahren war neben der Gesunderhaltung des Körpers die Fähigkeit, sich lange und tief konzentrieren zu können. Im alten Indien ging es den Yogis ja darum, in der Meditation Fortschritte zu machen, womöglich sogar die Erleuchtung zu erlangen. Also beobachteten sie, was der Konzentrationsfähigkeit zuträglich ist, welche Nahrung sie ausgeglichen und wach macht und ihnen Energie schenkt und welche nicht. Das kannst Du ja im Alltag auch einmal beobachten: Was tut mir persönlich gut, was nicht und auf was hatte ich vielleicht Heißhunger, aber hinterher habe ich mich gar nicht so gut damit gefühlt? Oder, nach der Yogaphilosophie der drei Gunas: Wann bin ich ruhig, ausgeglichen, konzentriert? Und wann bin ich einfach nur gestresst oder nervös? Und wann bin ich so müde und erschöpft, dass ich schon im Stehen einschlafen könnte? Wenn ich ein richtig schweres Essen hatte (Schweinsbraten ist hier in Bayern sehr beliebt), am besten noch die doppelte Portion, bin ich jedenfalls ziemlich müde. Und nach dem fünften Kaffee an einem langen Arbeitstag, wo ich eigentlich eine Pause mit frischer Luft oder sogar einen frühen Feierabend gebraucht hätte, bin ich auch nicht konzentrierter, nur hibbeliger.

Die drei Gunas: Tamas, Rajas und Sattva

In der Yogaphilosophie gibt es das Konzept der drei Gunas (Eigenschaften): Man glaubte, dass die Natur aus diesen drei Eigenschaften gebildet ist und sie auch im Menschen wirksam sind. Oft überwiegt eine der drei Kräfte. Tamas ist die Trägheit, Rajas die Unruhe/Aktivität und Sattva die Reinheit. Der Yogi wollte sich von der Trägheit zur Aktivität weiterentwickeln. Und letztlich wollte er auch die Aktivität überwinden und Reinheit erlagen. Nach dieser Philosophie werden auch die Nahrungsmittel in die drei Gunas eingeteilt. Fleisch oder zu große Portionen Essen fördern z.B. Trägheit und Kaffee oder schwarzer Tee Unruhe. Es gibt einige sattvige Nahrungsmittel, die sehr ausgleichend wirken, supergesund sind und daher dem ambitionierten Yogi besonders empfohlen wurden: Gemüse, Salate, Obst, Hülsenfrüchte und Tofu, vollwertiges Getreide. Milchprodukte zählten auch zu dieser letzten Kategorie.

Vegetarisch, vegan, bio oder was?

Sattvige Nahrung: Da wären wir also bei der vegetarischen Ernährungsform. Aber immer mehr Menschen sehen heute, wie sehr Tiere bei uns für die Milchproduktion leiden müssen und steigen auf eine vegane Ernährung um. Ich möchte das nicht kommentieren. Allgemein würde ich mir wünschen, dass Menschen andere Menschen nicht sofort anhand ihrer Ernährungsgewohnheiten oder ihres Aussehens bewerten und verurteilen. Geht offen an das Thema Ernährung und Essen ran!

« Wenn Du kein Fleisch isst, wirst Du nicht satt. »

« Wer als Mann kein Fleisch isst, ist schwul. »

« Frauen essen nur Salat. »

Ja klar! Vereinfachen ist bei dem Thema Ernährung jedenfalls nicht zielführend: Nicht jeder Fleischesser lebt ungesund und nicht jeder Veganer lebt gesund. Obwohl vegane Kuchen und Schokoladen echt lecker sind, sind das keine Grundnahrungsmittel ;-) Und am unattraktivsten finde ich Menschen, die total verbissen ihre Konzepte verfolgen, dabei jeglichen Spaß verlieren und anderen dann ihre Konzepte auch noch aufdrängen wollen. Beim Yoga arbeitet man viel mit der inneren Einstellung, vielleicht erforscht Ihr die mal: Wie ist Eure Einstellung zum Thema Essen? Ist es eine positve? Tut Euch diese Einstellung gut? Versucht Ihr mit Essen irgendwas zu kompensieren, was Ihr besser anderweitig lösen solltet (Frustessen, Kontrollzwang, …)? Seid Ihr entspannt, tolerant, offen wenn es um das Thema Essen geht?

Vielseitig und ausgeglichen essen

Essen soll Spaß machen und gut tun. Und auch wenn es langweilig klingt: Meistens ist es am besten, nichts zu übertreiben. Weder mengenmäßig noch anderweitig beim Essen und im Leben. Esst im Kreise Eurer Liebsten, macht ein Fest daraus! Esst vernünftige Mengen (wir sind keine alten Römer ;-). Esst vielseitig! Esst mit Ruhe und Genuss! So einfach ist das.

Letztlich sind das ja alles Luxusprobleme, wenn ich mir überlege, wie viele Menschen jedes Jahr an Hunger sterben oder verschmutztes Trinkwasser zu sich nehmen müssen. Wenn Ihr Lust habt, probiert mal aus, Eure Mahlzeiten mit dem Gefühl von Dankbarkeit zu Euch zu nehmen, sie richtig zu genießen.

Wenn man ein wenig Interesse am Thema Ernährung hat und ein bisschen auf die Inhaltsstoffe der Nahrungsmittel schaut, die man so zu sich nimmt, dann bringt einen das meiner Meinung nach viel weiter als starren Konzepten zu folgen. In viele Fertigprodukte wird Zucker gemischt, auch in herzhafte Nahrungsmittel. Wozu? Ja, auch in Bio-Produkte und ja, auch in vegane Bio-Produkte. Billig-Fleisch enthält neben Eiweiß leider auch viel, was wir nicht wirklich zu uns nehmen wollen, z.B. Antibiotika. Wie fühlen sich die Tiere bei der Produktion, wie die Menschen, die an der gesamten Produktionskette mitarbeiten?

Vielleicht habt Ihr Lust darauf, mehr frische Nahrungsmittel zu essen, möglichst unverarbeitete, zumindestens am Wochenende wenn Ihr mehr Zeit habt. Also lieber einen Apfel als die Apfeltasche. Lieber etwas selbst Gekochtes, was Ihr wirklich gerne esst (kleines Sonntagsritual) als etwas aus der Dose. Und ja, ab und zu darf es auch mal ein Burger mit Pommes sein! Die gibt es auch in Bio-Qualität, vegetarisch, vegan oder brotlos, glutenfrei, Low Carb, was auch immer. Immer kalorienreich. ;-) Aber dann bitte definitiv ohne schlechtes Gewissen essen!